Was ist Fraktionierung?
Das Wort „Fraktionierung“ ist abgeleitet vom Lateinischen „fractio“, was soviel bedeutet wie Brechen, Zerbrechen.
In der Hypnose meint Fraktionierung eine Unterbrechung des Trancezustandes. Der Hypnotherapeut oder –coach bringt den Klienten durch eine bestimmte Technik aus der Trance heraus und in einen annähernd wachen Zustand. Der Klient öffnet die Augen, kann sprechen, ist sogar in der Lage sich zu bewegen. Jedoch fühlt sich dieser Zustand für die meisten etwas „reduziert“ an.
Es fällt schwer, sich auf den Therapeuten/Coach zu konzentrieren. Man will nicht so recht aus dem angenehmen Zustand herausgerissen werden. Denken und Sprechen fällt schwer. Bei vielen bleibt ein recht starrer Blick. Im Anschluss wird wieder Trance hergestellt.
Wie drei Hirnforscher und ein Showman Fraktionierung in der Hypnose Szene populär machten
Bekannt wurde das Phänomen der Fraktionierung in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Der Neurologe Hippolyte Bernheim (1840-1919) war maßgeblich daran beteiligt. Denn er beobachtete, dass Klienten mit jeder weiteren gemeinsamen Sitzung tiefer in Trance gehen. Dies galt auch, wenn die Sitzungen zeitlich sehr eng beieinander lagen, ja sogar am selben Tag stattfanden. Insofern schlussfolgerte er, dass das Phänomen der Vertiefung auch innerhalb ein und derselben Sitzung möglich sein müsste – und behielt Recht.
Etwa um die Jahrhundertwende nutzten der deutsche Hirnforscher Oskar Vogt (1870-1959) und sein Schüler Korbinian Brodmann (1868-1918) bereits die fraktionierte Hypnose-Einleitung. Vogt machte sich um den Ruf der Hypnose als seriöse Methode sehr verdient, indem er hypnotische Phänomene physiologisch zu erklären versuchte. Er war unter anderem Direktor des Instituts für Hirnforschung der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft. Brodmann ist vor allem für die Einteilung der Großhirnrinde in nach Funktion und Aufbau unterschiedliche Felder bekannt (Brodmann-Areale: z.B. entspricht BA 6 dem prämotorischen Cortex oder BA 17 der primären Sehrinde).
Dave Elman (1900-1967) nutzte Fraktionierung als festen Bestandteil seiner direktiven Hypnose-Induktion, die auf strukturiertem Wege zeitsparend in einen somnambulen Zustand führen kann. Er unterrichtete vor allem Ärzte und Zahnärzte in medizinischer Hypnose, zum Beispiel um hypnotische Analgesie herstellen zu können. Kultstatus brachten ihm vor allem die sehr schnellen Induktionen ein. Was viele nicht wissen: er war nicht von Hause aus Mediziner oder Wissenschaftler, sondern im Musik- und Showbusiness zu Hause.
Wann wird Fraktionierung in der Hypnose angewandt?
Hauptsächlich wird Fraktionierung dazu angewandt, einen Trancezustand zu vertiefen. Der Wechsel von tiefer Trance und leichter, dem Wachzustand näherer Trance, führt zu einem immer tieferen Eintauchen.
Fraktionierung ist überdies sehr praktisch, wenn ein Klient sich an einen anderen Platz umsetzen soll oder seine Stellung vom Sitzen ins Liegen wechseln soll. Dies kann zum Beispiel im Rahmen einer Stellvertreterhypnose notwendig werden. Auch kann es nötig sein bei Schmerzpatienten, die nicht lange in einer Position verharren können. Oder aber auch wenn von interaktiver Arbeit zu tiefer Entspannung gewechselt werden soll.
Fraktionierung dient zudem als Möglichkeit, sehr ängstlichen oder skeptischen Klienten mit hohem Kontrollbedürfnis die Tranceerfahrung zu erleichtern.
Die Technik kann auch angewandt werden, wenn während einer Trance das Bedürfnis entsteht, etwas bewusst zu besprechen oder zu klären.
Weniger gebräuchlich, aber doch vorkommend, wird Fraktionierung genutzt, wenn „Nebenwirkungen“ des Hypnosezustands wie Schwindel oder Lachflashs vorkommen, die sich nicht mit geschlossenen Augen auslenken lassen.
Oder aber auch, wenn Klienten emotional überfordert sind oder eine Abreaktion stattfindet, die sich nicht in Trance durch Benutzung des sicheren Orts, des Weisen Ratgebers, der Helfer oder auch durch Berührung seitens des Therapeuten/Coach und angeleitetem Beruhigen auslenken lässt.
Fraktionierung: Diesen Wortlaut benutze ich meistens
Wenn ich fraktioniere, benutze ich meistens diese Worte: „Ich werde jetzt gleich von 1 bis 3 zählen. Bei 3 öffnen Sie die Augen. Sie können dann ganz normal mit mir sprechen.“
Wenn die Fraktionierung nur dem Vertiefen, nicht dem Platzwechsel dient oder allgemein gesprochen keine Bewegung dabei vorgesehen ist, füge ich hinzu: „Der Körper darf in der Ruhe und Entspannung bleiben.“
Und weiter: „Wenn ich Sie dann an der Stirn berühre (angepasst auch möglich: Wenn ich mit dem Finger schnippe…) schließen Sie die Augen und sinken noch tiefer in Trance als vorher. 1….2….3… (Stimme heben bei 3).“
Es erfolgt der Platzwechsel oder das Gespräch. Wenn es rein ums Vertiefen geht, stelle ich meist eine einfache Frage wie „Sitzen Sie immer noch bequem?“ oder „Alles soweit in Ordnung bei Ihnen?“. Manchmal stelle ich an dieser Stelle eine leichte Rechenaufgabe, frage danach, welches Auto der Klient fährt oder lasse mir die Haustür beschreiben. Dadurch wird der Klient noch „wacher“ und der Effekt der Fraktionierung verstärkt sich.
Soll die „Auftauch-Phase“ abgeschlossen werden, schnippe ich oder berühre den Klienten an der Stirn und halte dadurch meine Hand vor sein Gesicht. Dies bewirkt bei den meisten schon, dass sie rein aus Reflex die Augen schließen.
In dem Moment, wo sich die Augen schließen, kommt sofort „Tiefer und tiefer – genau – sehr gut.“
Ist mein Ziel das Vertiefen des Trancezustands, hat sich für mich eine dreimalige Fraktionierung bewährt.
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